Online-Konferenz. Die Gründe für den Einsatz von Flüssigerdas (Liquefied Natural Gas [LNG]) als Treibstoff in der Schifffahrt sind vielfältig. Dennoch existieren auch viele Jahre nach Inbetriebnahme der ersten LNG betriebenen Schiffe noch zahlreiche Herausforderungen und Handlungsbedarfe, die von rund 60 Reedereivertretern in der grenzübergreifenden Online-Veranstaltung „LNG as fuel: Status update“ der LNG.Agentur Niedersachsen am 25. März 2021 aufgezeigt und diskutiert wurden.
„Grenzen überwinden – das ist ein gutes Stichwort auch für das Thema LNG. Wir alle werden effizienter vorankommen, wenn wir gemeinsam agieren. Legen wir dazu Kreativität und Innovationskraft zusammen, wenn wir über Erfahrungen im Einsatz von LNG sprechen und über Perspektiven. Je schneller die industrielle, reibungslose Nutzung von LNG auf breiter Ebene in die Praxis umgesetzt wird, desto schneller können die Potenziale von LNG ausgeschöpft werden“ mit diesen Worten begrüßte Kapitän Alfred Hartmann, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) und Aufsichtsratsvorsitzender der Hartmann AG, die Teilnehmer der Veranstaltung. Dieser Einschätzung ist auch Annet Koster, Geschäftsführerin der Koninklijke Vereniging van Nederlandse Reders (KVNR). Sie betrachtet LNG und dabei insbesondere die Verwendung von Bio-LNG und synthetischem LNG als einen bedeutsamen Teil des Kraftstoff- und Energiemixes auf dem Weg zu einer emissionsfreien Schifffahrt.
Die niederländische Reederei Anthony Veder setzt seit Jahren LNG als Kraftstoff auf ihren Schiffen ein. Der Business and Fleet Development Manager Björn van de Weerdhof lobte neben der Emissionsreduktion vor allem die gute – und stets wachsende – Verfügbarkeit sowie die einfache, saubere und sichere Handhabbarkeit des Kraftstoffs. Zudem sei LNG gegenüber anderen alternativen Kraftstoffen wie Wasserstoff und Methanol günstiger und weist eine höhere Energiedichte pro Kubikmeter auf und lässt sich damit deutlich platzsparender transportieren.
Eine Herausforderung, die es nach wie vor zu adressieren gilt, ist die weitere Reduzierung des Methanschlupfs, dem Entweichen von unverbranntem Methan im Verbrennungsprozess. Hier gibt es nach wie vor Entwicklungsbedarf seitens der Motorenhersteller. Auch im Hinblick auf die weitere Reduzierung der CO2-Emissionen gibt es Optimierungspotenzial. Eine Option dafür bildet – neben der Nutzung von fossil-freiem LNG – das so genannte Carbon Capture-Verfahren an Bord, das u.a. in einem deutsch-niederländischen Konsortium im Projekt CO2ASTS (CO2-Abfang, -Speicherung und -Transfer in der Schifffahrt) bearbeitet wird. Ein Impuls für die weitere Reduzierung des CO2 wird nach Ansicht der Experten die erwartete Einführung einer CO2-Steuer sein.
Neben der weiteren Emissionsreduktion muss zur weiteren Einführung von LNG das technologische Engagement auch zur Kostenreduktion genutzt werden. In diesem Zusammenhang sollten nach Ansicht der Reedereien auch die Charterer stärker in die Pflicht genommen werden und es honorieren, dass umweltfreundliche Kraftstoffe Verwendung finden.
Rolf Stiefel, Geschäftsführer von Bureau Veritas Deutschland, rief dazu auf, auch in der Zukunft zusammen zu arbeiten und gemeinsam dazu beizutragen, dass auch auf politischer und IMO-Ebene eine objektive Diskussion geführt und die Rolle von LNG auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Schifffahrt besser verstanden wird.
Der Online-Workshop wurde im Rahmen der LNG.Agentur Niedersachsen (Geschäftsstelle MARIKO GmbH) in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Reeder, GreenShipping Niedersachsen, dem Koninklijke Vereniging van Nederlandse Reders und Bureau Veritas durchgeführt.
Über LNG:
Liquefied Natural Gas (LNG) ist Erdgas, das durch Abkühlung auf eine Temperatur von -163 °C verflüssigt wird und so eine hohe Energiedichte erhält, um den Transport und die Speicherung zu erleichtern. Im flüssigen Zustand weist LNG nur etwa ein Sechshundertstel des Volumens von Gas unter normalem Druck auf. Dadurch kann LNG über große Entfernungen mit Fahrzeugen und Schiffen befördert werden, am Bestimmungsort wieder regasifiziert und über die Gasnetze oder auf anderem Wege verteilt werden. Dafür ist eine entsprechende LNG-Infrastruktur erforderlich. Für den Transport von Erdgas stehen damit generell zwei Möglichkeiten zur Verfügung, der gasförmige Transport über Pipelines oder der Transport in flüssigem Zustand per Schiff, LKW oder Zug. Alternativ kann erneuerbares Methan, beispielsweise aus der Biogasproduktion, zu LNG, also Bio-LNG, konvertiert werden. In diesem Fall handelt es sich um einen besonders emissionsarmen Kraftstoff, der die LNG-Infrastruktur in die regionale Wertschöpfungskette integrieren lässt.
Foto von links oben im Uhrzeigersinn: Inga Lauts (Projektmanagerin der LNG.Agentur Niedersachsen/MARIKO GmbH), Ramona Zettelmaier (Senior Sales & Customer Relation Manager, Bureau Veritas), Claes Möller (Chief Executive Officer, Terntank Ship Management), Rolf Stiefel (Regional Chief Executive Central Europe & Russia, Bureau Veritas), Sjaak Klap (Principal Environmental Advisor, Society for Gas as a Marine Fuel [SGMF]), Paul Melles (Technischer Direktor Koninklijke Doeksen BV).
Hintergrund
Die LNG.Agentur Niedersachsen (Geschäftsstelle MARIKO GmbH) befasst sich unter anderem damit, wie eine Marktetablierung von Bio-LNG als Treibstoff in der Schifffahrt und im Straßenschwerlasttransport praktisch realisiert werden kann.
Mit der LNG.Agentur ist Niedersachsen angetreten, die Chancen und Potenziale für eine nachhaltige wirtschaftliche LNG-Entwicklung an der Küste und für das gesamte Land zu gestalten. Ziel der Tätigkeit ist es, die Entwicklung einer LNG-Infrastruktur sowie der LNG-Technologie branchenübergreifend in Niedersachsen und speziell in der Küstenregion aktiv zu unterstützen, aber auch kritisch zu begleiten.
Sie möchten mehr erfahren und sich ggf. in das Netzwerk einbringen? Dann finden Sie weitere Informationen sowie die Präsentationen der Veranstaltung unter www.LNG-Agentur.de
Die Tätigkeiten der LNG.Agentur Niedersachsen werden durch die Partner GreenShipping Niedersachsen, Wilhelmshavener Hafenwirtschafts-Vereinigung e.V., Landkreis Emsland, Stadt Wilhelmshaven, Oldenburgische Industrie- und Handelskammer, Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, Landkreis Leer, Landkreis Friesland, Strategierat Maritime Wirtschaft Weser-Ems, Stadt Emden und durch den Landkreis Wesermarsch unterstützt.