Online-Workshop des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen zum Thema „Maritime goes digital – Digitale datengetriebene Geschäftsmodelle“ im Rahmen der Digitalen Woche des Landkreises Leer am 1. Juni 2021.
Leer. Die Globalisierung, der demografische Wandel und veränderte Bedürfnisse im Hinblick auf Datenverfügbarkeit und -Qualität sind nur einige Faktoren, die dazu führen, dass auf Unternehmen ein hoher Druck lastet, ihren Platz auf dem Markt zu behaupten. Wenn das Verbessern und Optimieren des bestehenden Kerngeschäftes nicht mehr ausreicht, wird es Zeit für Unternehmen, sich neu zu erfinden, neue Kunden zu erreichen oder die bestehenden neu zu begeistern. Im Bereich der Digitalisierung in der maritimen Wirtschaft konzentrieren sich Unternehmen oft auf die Optimierung bestehender Prozesse, Produkte und Dienstleistungen. In der Digitalisierung liegt aber auch ein enormes Potenzial im Hinblick auf die (Weiter)Entwicklung von Geschäftsmodellen. „Unternehmen sollten ihr aktuelles Geschäftsmodell kontinuierlich hinterfragen und nach neuen (digitalen) Möglichkeiten Ausschau halten, um ihr Geschäft zu erweitern oder neu zu erfinden.“, so Jörg Bontjer von der MARIKO GmbH.
Disruptives Denken schafft Geschäftsmodelle
„Nicht so viel nachdenken, einfach machen!“, appelliert Dr. Marie Schneider von Marietim an die Beteiligten, die ihren Werdegang von einer promovierten Statistikerin zur erfolgreichen Youtuberin und Influencerin mit dem Fokus auf Segelcoaching im Rahmen der Veranstaltung schilderte. Für die Entwicklung und Ausbau ihrer Angebote sei es vor allem wichtig gewesen, Marktpotentiale zu erkennen, sich eigenen Stärken bewusst zu werden und zu bewerten, über welche digitalen Tools und Medien Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden können. Sie empfiehlt Unternehmen einen so genannten USP unique selling pointdt.: (Alleinstellungsmerkmal) zu definieren und über die klassischen Modelle und Ansätze hinauszudenken.
Big Data – Vom digitalen Reisebegleiter zur Datenbank
Michael Heckelmann von der Frisonaut GmbH stellte das gleichnamige Urlaubsportal für die Nordseeküste und die Erfahrungen im Hinblick auf die Entwicklung dieser Plattform vor. Ein wichtiges Merkmal von FRISONAUT ist, dass es sich dabei um eine offene Buchungsplattform handelt, d.h. diese ist für Drittanbieter zugänglich. Die Zielsetzung der Plattform ist es, Urlauber und Anbieter von Dienstleistungen zusammen zu bringen und ein Komplettangebot zu schaffen. Dabei legt das Unternehmen viel Wert darauf, mit lokalen Partnern im Verbund zusammenzuarbeiten. Der Mehrwert für Kunden besteht darin, dass alle Leistungen, die mit einem Urlaub an der Nordseeküste verbunden sind, über eine Plattform buchbar sind, von Fahrkarten, über Unterkünfte und Gastronomie, bis hin zu E-Bikes/-Rollern und Freizeitaktivitäten. Die über die Buchung gewonnenen und anschließend ausgewerteten Daten ergeben Wertschöpfung für Frisonaut, beispielsweise indem sie Aufschluss über das Urlaubsverhalten geben und Rückschlüsse auf zukünftige Trends ermöglichen. Diese Informationen werden zur Optimierung des Angebotes und des Urlaubserlebnisses genutzt.
Virtual Reality – Vom Videospiel zum Maritime Training in 3D
„Die Schifffahrt ist, war und wird auch in Zukunft eine Traditionsbranche sein. Schiffe werden hinsichtlich Ingenieursleistung stetig größer, leiser, grüner und können automatisierter betrieben werden. Auf Seite der Hardware und Software jedoch wurde die maritime Branche von anderen Industrien teilweise abgehängt.“, so Michael Stein von Stein Maritime Consulting. Während sich die Videospiele Industrie bereits seit 30 Jahren mit virtuellen Welten auseinandersetze, bewege sich die Schifffahrt weiterhin oft in zweidimensionalen Anwendungen. Dies gelte es zu ändern, z.B. im Bereich der Schiffsinspektionen durch den Einsatz von Drohnen mit Lieferung von fotorealen 3D Modellen. Durch die Erstellung von 3D-Umgebungen wird eine Vielzahl an Informationen visuell zusammengefasst, was einfache Entscheidungen auf Basis komplexer Daten erlaubt. Aber auch Schulungsprogramme profitieren von 3D-Inhalten und virtuellen Umgebungen. Laut Stein werden Ausbildungen künftig auch im maritimen Bereich vermehrt individuell in virtuellen Klassenzimmern durchgeführt.
Richtig digitalisieren – Standards definieren, Daten automatisiert erfassen
Kapitän Henning Schulz von der NautilusLog GmbH berichtete von seinen praktischen Erfahrungen an Bord – zu viel Papier, fehleranfällige Prozesse und manueller Aufwand. Darüber hinaus sei der administrative Aufwand an Bord durch die Digitalisierung teilweise sogar gestiegen, da neue Anwendungen und Erhebungen von Daten zusätzlich zu bisherigen Vorgehensweisen hinzugekommen seien, statt diese abzulösen. Aus dieser Erfahrung heraus ist die Idee entstanden, ein digitales Logbuch zu entwickeln. Ziel war u.a. Daten so frühzeitig wie möglich gleich digital zu erfassen, Daten nur einmalig zu erheben und vielfältig mit Partnern zu nutzen bzw. nutzbar zu machen. Henning Schulz gab weiterhin an, dass neben wirtschaftlichen Notwendigkeiten und dem technischen Fortschritt auch Regularien und Vorgaben, beispielsweise aus dem Bereich des Umweltschutzes, zu den Treiber für die Entstehung digitaler Geschäftsmodelle zählen.
Tradition trifft auf Innovation
Die Schifffahrt ist eine von Tradition geprägte Branche. Geschäftsideen, Produkte und Dienstleistungen haben sich bewährt und sind seit Jahren erfolgreich im Einsatz. Jedoch steht die Branche nicht still, sondern entwickelt sich stetig weiter. Die Erfassung, Auswertung und Nutzung von Daten gewinnt immer mehr an Bedeutung. So entstehen im Zuge der Digitalisierung neue digitale Lösungen und Geschäftsmodelle.
Durch Erfahrungsberichte unterschiedlichster Unternehmen konnten viele interessante Ideen, Wege und Ziele hin zu digitalen Geschäftsmodellen vorgestellt werden. Klar erkennbar ist, dass sich mit der digitalen Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe von Daten auch in der maritimen Wirtschaft in vielerlei Hinsicht neue Wertschöpfungen und damit die Basis für nachhaltigen Unternehmenserfolg ergeben.
Die Präsentationen der Konferenz stehen HIER zum Download bereit.
Weitere Informationen zur Digitalen Woche finden Sie hier: www.diwo-leer.de
Die Online-Konferenz wurde mit Unterstützung des Projektes Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen, einem Projekt zur Förderung von KMUs der maritimen Branche, durchgeführt.
Hintergrundinformationen
Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen gehört zu Mittelstand-Digital, damit unterstützt das BMWi die Digitalisierung für KMU und informiert über mögliche Chancen und Herausforderungen (www.mittelstand-digital.de). Regionale Kompetenzzentren helfen vor Ort dem kleinen Einzelhändler genauso wie dem größeren Produktionsbetrieb mit Expertenwissen, Demonstrationszentren, Netzwerken zum Erfahrungsaustausch und praktischen Beispielen. Das BMWi ermöglicht die kostenlose Nutzung aller Angebote von Mittelstand-Digital.
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen besteht aus sechs Projektpartnern und wird von der IT-Dientleistungsgesellschaft mbH Emsland (it.emsland) geleitet. Es bietet für die kommenden Jahre eine Vielzahl von Unterstützungsleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in der Region. Das Hauptziel des Kompetenzzentrums ist dabei die erfolgreiche und nachhaltige Digitalisierung von KMU und deren Öffnung für neue datengetriebene Wertschöpfung.